Zum Prostatacheck gehörte bislang das rektale Abtasten. Eine Prozedur, die schon länger umstritten ist. Künftig soll sie nicht mehr zum Standard gehören. Was Männer wissen müssen.
75.000 Neuerkrankungen pro Jahr. 15.000 Todesfälle. Prostatakrebs ist die häufigste Krebsart bei Männern. Aus diesem Grund raten Experten zu regelmäßigen Vorsorge-Checks. Diesen können Männer ab 45 Jahren einmal im Jahr durchführen lassen.
Zum Standard solcher Früherkennungsuntersuchungen zählte bislang auch das rektale Abtasten. Die Methode gilt allerdings als relativ ungenau. Aus diesem Grund soll sie nun größtenteils wegfallen, berichten Mediziner von der Fachkonferenz der Deutschen Gesellschaft für Urologie.
Neue Leitlinie zur Früherkennung von Prostatakrebs
Die Prostatakrebs-Leitlinien werden angepasst, erklärt etwa Christian Gratzke, Ärztlicher Direktor der Klinik für Urologie am Universitätsklinikum Freiburg. Stattdessen rücke nun eine andere Methode in den Fokus. „Für die Vorsorge spielt nun die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens (PSA) im Blut und die Bildgebung eine wesentliche Rolle", so Gratzke. „Die Tastuntersuchung verliert zunehmend an Bedeutung.“ Sie solle nur noch ergänzend zum Einsatz kommen.
Das steckt hinter der PSA-Methode
DerPSA-Test misst im Blut den Gehalt des prostataspezifischen Antigens (PSA). Dieses Enzym wird von derProstatagebildet, um den Samen zu verflüssigen. Tumore können dafür sorgen, dass es ins Blut gelangt. Je höher der Wert, der mit dem Alter ohnehin zunimmt, desto größer das Risiko, dass ein Tumor in derProstatawächst. Nach den neuen Leitlinien können Männer ab 45 Jahren im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung ihren Wert bestimmen lassen.
Doch auch der Nutzen dieser Methode ist nicht ganz unumstritten. Zwar empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU) denPSA-Test seit Jahren und plädiert für seine Anerkennung als Kassenleistung – bisher müssen Patienten die Kosten von etwa 25 bis 35 Euro selbst zahlen.
Aber: „Man muss vorsichtig sein mit demPSA-Wert“, sagt etwa Peter Albers, Leiter der Klinik für Urologie am Uniklinikum Düsseldorf und tätig am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. „Das Problem sind viele, durch den alleinigenPSA-Test ausgelöste, unnötige Diagnosen und Therapien von Prostatakarzinomen, die lange Zeit unbehandelt bleiben könnten – oft lebenslang.“ Etwa jeder zweite Betroffene, so Albers, werde unnötig behandelt.
Dessen ist sich auch Gratzke bewusst, der Autor der neuen Leitlinien ist. „PSA ist kein Tumormarker, sondern ein Organmarker“, betont er. Ein erhöhter PSA-Wert bedeute nicht zwangsläufig, dass ein Karzinom vorliegt. Doch: „Vor allem ein deutlicher Anstieg des PSA-Werts in kurzer Zeit ist ein wichtiges Warnsignal.“ Um in einem solchen Fall eine Krebserkrankung auszuschließen, solle künftig vor allem Magnetresonanztomografie zum Einsatz kommen.
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5 modifizierbaren Risikofaktoren für Prostatakrebs
Nicht nur die Genetik entscheidet, ob jemand im Laufe seines Lebens an Prostatakrebs erkrankt. Es gibt weitere Risikofaktoren, die Sie sogar selbst in der Hand haben.
1. Tripper und Syphilis
Männer, die schon mal sexuell übertragbare Infektionen (STI) hatten, sind besonders gefährdet, später ein Prostatakarzinom zu entwickeln, so eine italienische Studie . Die Forscher werteten in ihrer Metaanalyse 47 Studien aus, die sich mit STI und Prostatkarzinom befassten. Demnach erhöht eine Gonorrhö, umgangssprachlich Tripper, das Prostatarisiko um knapp 50 Prozent.
Auch Syphilis scheint einen gewissen Einfluss auf die Krebsentwicklung zu haben. Bei anderen STIs, wie HPV, gab es keine so eindeutigen Ergebnisse in Zusammenhang mit Prostatakarzinom. Doch die Forscher gehen davon aus, dass STIs allgemein das Prostatakrebsrisiko erhöhen.
Ursache für die fatale Folge – zuerst Geschlechtskrankheit, später Prostatakrebs – sind vermutlich die entzündlichen Prozesse in der Prostata, die bei einer STI auftreten können. Vor allem, wenn sich das Gewebe längerfristig oder immer wieder entzündet, steigt das Krebsrisiko. Manche Männer erkranken bekanntlich mehrmals in ihrem Leben an Tripper oder Syphilis.
Basierend auf diesen Ergebnissen könnten vermutlich sehr viele Fälle von Prostatakrebs verhindert werden, wenn die Prävention von STI verlässlich durchgeführt würde, Stichwort Safer Sex. So lässt sich die Ansteckung mit Gonorrhöo und Syphilis vermeiden und damit auch das eigene Risiko für Prostatakrebs senken.
2. Schlafstörungen, Insomnie
Einschlaf- sowie Durchschlafstörungen beeinflussen die Gesundheit negativ, das ist Allgemeinwissen. Neu ist die Erkenntnis, dass mit Insomnie auch das Risiko für Prostatakrebs steigt, und zwar um 10 Prozent. Zu diesem Ergebnis kommt die Analyse der Schlafgewohnheiten von mehr als 200.000 Männern mit einer Nachbeobachtungszeit von gut zehn Jahren.
Schlafprobleme lassen sich oft gut mit Selbstmanagement beeinflussen, wie Schlafhygiene, Entspannungsübungen, Verzicht auf stressige Filme am Abend sowie Handy- und Tabletnutzung im Schlafzimmer. Auch Alkohol ist nicht der gewünschte Schlafbringer wie viele denken, sondern verschlechtert die Schlafqualität nachweislich. Ein ganz einfaches Mittel, um das persönliche Prostatarisiko zu senken, zeigt die genannte Studie übrigens auch: Ein Nap am Nachmittag, also ein Nickerchen verringert das Risiko um rund neun Prozent.
3. Milch und Milchprodukte
Das über Jahrzehnt hinweg als Gesundheitstrank gepriesene Lebensmittel ist in größeren Mengen gar nicht so sinnvoll. Das hat sich in mehreren Studien der letzten Jahre erwiesen. Dabei ist nicht nur vom riskanten Fettprofil die Rede, das sich etwa durch fettarme Produkte umgehen lässt. Milch und Milchprodukte können das Risiko für manche Krebsarten erhöhen, wie Brustkrebs, aber auch Prostatakrebs, wie eine aktuelle Untersuchung zeigt .
Demnach steigt schon mit zwei Tassen Milch das Risiko für Prostatakrebs um 25 Prozent. Mehrere Stoffe in Milch und Milchprodukten könnten dafür verantwortlich sein. Darunter nicht das Kalzium, aber vermutlich etwa Geschlechtshormone. Denn unsere Milch stammt in der Regel von trächtigen Kühen und enthält damit auch Hormone. Viele Formen von Prostatakrebs reagieren auf Hormone. Auch der Wachstumsfaktor IGF-1, die Abkürzung steht für „Insulin-like growth factor“, könnte ebenfalls die Entstehung fördern. Diese Zusammenhänge sind vorhanden, aber nicht stark ausgeprägt, wie eine Metaanalyse nahe legt.
Der tägliche Genuss von Milch, Käse und Joghurt ist also keine Risikofaktor, wenn die Menge moderat bleibt.
4. Rauchen
Beim Rauchen wird der Körper mit jeder Menge krebserregender Substanzen überflutet. In Kontakt kommen nicht nur Mund sowie obere und untere Atemwege mit Lunge, sondern auch indirekt Blase, aber auch Prostata. Allerdings gibt es widersprüchliche Studienergebnisse, ob Rauchen wirklich ein starker Risikofaktor für Proststakrebs ist oder nicht. Eine aktuelle Untersuchung beweist jedoch zum ersten Mal, wie gefährlich Rauchen für Männer mit Prostatakrebs ist: Erkrankte Raucher haben ein um 20 Prozent höheres Risiko, an dieser Krebserkrankung zu sterben als Nichtraucher.
Je länger und je mehr geraucht wurde, desto größer war die Sterberate. Besonders ausgeprägt war dieser Zusammenhang bei Krebspatienten, die nicht nur rauchten, sondern auch übergewichtig waren. Bei vielen Krebsarten sind Übergewicht und Adipositas deutliche Risikofaktoren. Denn Fettzellen produzieren Hormone wie Leptin, das Zellwachstum fördern kann, unterstützen unterschwellige, stumme Entzündungen, die Krebs begünstigen können.
Beide Risikofaktoren lassen sich mit etwas Eigeninitiative mindern – Rauchstopp und abnehmen.
5. Bewegungsmangel
Vor diesem Hintergrund ist wenig überraschend, das auch Bewegungsmangel zu den Risikofaktoren gehört, die sich selbst beeinflussen lassen. Zu wenig körperliche Aktivität ist ein bekannter Risikofaktor für verschiedenen Krebsformen – nicht nur für Brust- und Darmkrebs, Lungen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs sowie Endometriumkarzinom, sondern auch für Prostatakrebs.
Verschiedene Faktoren spielen dabei eine Rolle. So beeinflusst Bewegungsmangel unter anderem die Hormonbildung und fördert stumme Entzündungen.
Regelmäßige, körperliche Bewegung könnte das Prostatakrebsrisiko um 10 bis 20 Prozent senken . Der Effekt ist umso größer, je intensiver Sport getrieben wird. Als Mindestmaß empfiehlt die WHO zweieinhalb Stunden pro Woche – im Hinblick auf Krebsprävention ist ein etwas mehr sicher besser. So schlagen andere Fachgesellschaften wie die American Cancer Society mindestens 60 Minuten pro Tag moderate oder 30 Minuten intensive Aktivität.